Kommern

 

 

a)     Topographische Daten

 

b)     Steinzeitliche Funde

 

c)     Früheste Besiedlung

 

d)     Ortsname

 

e)     Älteste Urkunden

 

f)      Reichsherrschaft

 

g)     Verwaltungssitz im 17. u. 18. Jh.

 

h)     Mairie

 

i)      Gemeinde, Gemeindeteil, Stadtteil

 

 

 

a) Topographische Daten

 

Die Ortsmitte Kommern liegt bei ca. 6° 39 östlicher Länge und 50° 39 nördlicher Breite.

 

Im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern vollzieht sich der Übergang von der Eifel zur Niederrheinischen Bucht; ihre Nordgrenze entspricht ungefähr der Grenze zwischen beiden Landschaften. Die Höhen von 375,4 m ü. NN (Altusknipp), 372 ü. NN (Kahlenbusch) und je 217m ü. NN ( Bleibachtal bei Firmenicher Lohmühle und Tal des Enzener Baches nordöstlich Gehn) sind Merkmale des Übergangscharakters. Das gesamte Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern ist Teil der naturräumlichen Einheit „Mechernicher Voreifel"; es hat Anteil am Mechernicher Bergland und am Wollersheimer Stufenland als Landschaften der Mechernicher Voreifel. Der wesentlichste Teil des Gebietes der ehemaligen Gemeinde Kommern bildete sich während des Mesozoikums. Es gehört der Triasformation an, die sich vor 225 bis 200 Millionen Jahren aufbaute. An einzelnen Stellen (Auf Rodder, im Mühlenthal nordwestlich und südöstlich des Bleibachs und südöstlich des Veybachs) sind unter- und mitteldevonisches Gestein (gebildet vor 405 bis 370 Millionen Jahren) sichtbar, dem die Triasformation aufgelagert ist. Die Oberflächengestalt der ehemaligen Gemeinde Kommern wird bestimmt von der naturräumlichen Grenzlage und von den beiden von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Höhenrücken, den Wasserscheiden zwischen Rotbach und Bleibach und zwischen Bleibach und Veybach, und dem Anstieg zur Veybach-Erft-Wasserscheide. Etwa 40 % der Fläche der ehemaligen Gemeinde Kommern werden von Wald eingenommen. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen reichen als Folge später Rodungen bis in Grenzertragsböden hinein. Das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern liegt bei vorherrschenden Westwinden im Windschatten des Hohen Venns. Dies führt zur föhnartigen Erwärmung der Luftmassen und zu geringen Niederschlägen. Die Niederschlagsmenge betrug nach örtlichen Messungen im langjährigen Mittel um 500 mm. Es ist damit eines der nieder-schlagsärmsten Gebiete der Bundesrepublik Deutschland. Der Föhncharakter bewirkt auch eine verhältnismäßig lange Sonnenscheindauer , für die Messwerte jedoch nicht vorliegen.

 

 

 

b) Steinzeitliche Funde

 

Die ältesten Spuren der Anwesenheit von Menschen im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern reichen in die jüngste Altsteinzeit zurück. Unter einem Felsüberhang an den Katzensteinen kamen bei einer im Auftrag des Rheinischen Landesmuseums Bonn durchgeführten und von Hartwig Löhr geleiteten Ausgrabung Spuren von altsteinzeitlichen Menschen zutage. Aus den Funden ließ sich erschließen, dass sie die Katzensteine vor 10 000 bis 12 000 Jahren als Rastplatz benutzten und dort Werkzeuge für ihren eigenen Bedarf fertigten. Die Untersuchung der Funde wird wahrscheinlich Aufschlüsse darüber erbringen, ob zwischen diesen Funden und den steinzeitlichen Funden der Kakushöhle bei Weyer Zusammenhänge bestehen. Weitere Spuren steinzeitlicher Menschen wurden bisher nicht gefunden.

 

 

 

 

 

c) Früheste Besiedlung

 

Zeugnisse über die Anwesenheit mittel-und jungsteinzeitlicher Menschen kamen in der ehemaligen Gemeinde Kommern bisher nicht ans Tageslicht. Ebenso zeigten sich bisher keine Spuren der Urnenfelderkultur, aus der Hallstatt  und La-Tẻne-Zeit. Dennoch muss angenommen werden, dass seit dem ersten vorchristlichen Jahrtausend im Gebiet um Kommern Angehörige vorkeltischer und keltischer Völkerschaften sesshaft waren. Die Sprachforschung kann dafür zahlreiche Erkenntnisse vorweisen. Die Dürftigkeit der Überlieferung lässt jedoch definitive Aussagen nicht zu. So werden künftige Forschungen vielleicht erweisen, ob die Herleitung der Ortsnamen Schaven, Scheven, Schwerfen u. a. aus vorkeltischem (ligurischem) Sprachgut zutreffend ist. Antike Quellen für das zweite und erste vorchristliche Jh. enthalten zahlreiche Belege dafür, dass ganz Frankreich, Gallien, von Kelten besetzt war, die sich teilweise aus Siedlungen, die ostwärts des Rheins lagen, dahin zurückgezogen hatten. Die keltischen Völkerschaften vermischten sich mit den ansässigen Völkerschaften. Aus dieser Verbindung ging die keltoromanische Bevölkerung hervor, die in Stämmen gegliedert auch in den Gebieten links des Rheins siedelten. So sind die in Gewässer- und Ortsnamen überlieferten Sprachreste überaus zahlreich. Dies gilt vor allem für die zahlreichen keltischen und nach keltischen Vorbildern gestalteten lateinischen acum Bildungen, die im engeren Nachbargebiet auf „-ich" endenden Ortsnamens. Sie sind einer jüngeren Schicht vordeutscher Ortsnamen zuzurechnen. Kommern, für das als älteste Form „Cumbirne" überliefert ist, gilt als keltischer Ortsname. Er dürfte sich vor den acum

 

Bildungen entwickelt haben. Ein weiterer keltischer Sprachrest lebt in dem Gewässernamen „Gehl" „gil" (Gielsgasse) fort. Als Siedlung dürfte Kommern daher im letzten Viertel des letzten vorchristlichen Jahrtausends entstanden sein und seitdem fortwährend Bestand gehabt haben. Als römische Eroberer in der zweiten Hälfte des letzten vorchristlichen Jhs. in das keltoromanische Siedlungsgebiet eindrangen, es bis zum Rhein besetzten und ihre bis ins vierte nachchristliche Jahrhundert währende Herrschaft aufrichteten, müssen sie größere Teile der eingesessenen Bevölkerung in der Umgebung des Bleibergs an ihren Wohnplätzen belassen haben. Zeugnis dafür sind die schon erwähnten Ortsnamen, die sich hier in erheblich größerer Zahl erhalten haben als in den übrigen keltischen Siedlungsgebieten. Ursache dafür könnte der Bleierzbergbau gewesen sein. Die Kelten galten als ein Volk, „das von der Bergarbeit fasziniert war und darum auch bedeutende Leistungen auf diesem Gebiet vollbrachte". Es liegt deshalb nahe, anzunehmen, dass die römischen Eroberer die einheimische Bevölkerung hier in größerem Umfange als sonst an ihren angestammten Wohnsitzen beließen, um ihre bergbaulichen Kenntnisse und Fertigkeiten für eigene Zwecke nutzen zu können. Die zur Sicherung, Verwaltung, Erschließung, Ausbeutung und zum Ausbau der eroberten Gebiete anwesende und sesshaft werdende römische Bevölkerung trug ihre Kultur in diese Gebiete und beeinflusste die einheimische Bevölkerung. Der über Jahrhunderte währende Prozess führte zu vielfältigen wechselseitigen Beziehungen und Verbindungen an deren Ende eine gallorömische Bevölkerung stand, die einen zivilisatorischen Höchststand erreichte. Für diese Zeit ist Bleierzbergbau am Bleiberg erwiesen. Den Landesausbau bezeugen mindestens acht römische Gutshöfe im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern. Die Kommunikation und den Warenaustausch förderte das Netz der Römerstraßen, von denen die bedeutendste Straße von Trier nach Köln durch das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern führte, wie auch wahrscheinlich mehrere Straßen von regionaler Bedeutung. Ob der Weinbau in Kommern und bei den Weingartener Höfen römischen Ursprungs ist, kann nicht als gesichert gelten. Das bedeutendste Zeugnis jener Zeit aber ist der Römerkanal, die römische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln, die ebenfalls durch das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern verlief. Es hat den Anschein, als habe die keltoromanische Bevölkerung ihren angestammten Wohnplatz, ihre Siedlung im Tal oder bei der Höhe beibehalten, während die römischen Gutshöfe von dieser Siedlung abgesetzt entstanden. Die ortsnächste Fundstelle römischer Bautrümmer fand sich 1951 nahe der Straße Auf dem Acker. Die römische Herrschaft am Rhein geriet gegen Ende des vierten nachchristlichen Jahrhunderts ins Wanken und zerbrach unter dem Ansturm germanischer Völker. Franken eroberten das Gebiet, in dem sich später die Reichsherrschaft Kommern ausbildete, und deren weiteres Umland. Die Zeugnisse ihrer Anwesenheit sind spärlich. Auf dem Ginsterberg nordostwärts Schaven wurde in der Mitte des vorigen Jahrhunderts ein Grab mit einem „Degen" als Beigabe freigelegt. Beim weiteren Kiesabbau bis 1894 wurden dort 70 weitere Gräber angetroffen. Um 1939 und 1960 wurden je ein weiteres Grab dort festgestellt. Diese Gräber gehören zweifelsfrei zu einem fränkischen Friedhof. Die Lokalität der Ansiedlung, aus der die Bestatteten stammen, ließ sich bisher nicht bestimmen. Von den Grundwörtern her sind Gottsdorf und Roggendorf als fränkische Siedlungen anzusprechen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die auf dem Friedhof am Ginsterberg Bestatteten aus diesen Ortschaften stammten. Die Geschehnisse des etwa 800 Jahre währenden Zeitraumes von der fränkischen Landnahme bis zum Beginn der schriftlichen Überlieferung Anfang des 13. Jahrhunderts sind kaum erhellt. Möglich ist jedoch, dass auch die eindringenden Franken die bergbautreibende gallo-romanische Bevölkerung aus denselben Beweggründen, wie sie den Römern unterstellt werden, an ihren Wohnplätzen beließen. Die Bauwerke der Römerzeit, his auf Re ste des römischen Straßennetzes und des Römerkanals, gingen in dieser Zeit unter.

 

 

 

d) Ortsname

 

Die älteste überlieferte Namensform von Kommern enthielt eine Urkunde aus dem Jahres 1229, es ist jene Urkunde, die Anlass zur Feier der 750. Wiederkehr der Ersterwährung gab. In dieser Urkunde erschien Kommern als „Cumbirne" . In einer dreieinhalb Jahrzehnte jüngeren Urkunde vom 26. 1. 1264, die sich auf den Inhalt der Urkunde aus dem Jahre 1229 bezieht, wird Kommern „Cumberna" genannt. In einer Urkunde vom 5. 9. 1299 wird die „villa cumeren" dreimal in gleicher Schreibweise erwähnt 3. 1417 begegnet uns „Kumern". Im Jahre 1433 wiederholt sich die Schreibweise des Jahres 1299, nämlich „Cumeren".

 

1456 schreiben arenbergische Bedienstete „Komheren" , 1469 und 1478 „Komherin".

 

Die vielfältigen Formen der Schreibweise des Ortsnamens wurden bewusst mit ihren Quellen angeführt. Sie wollen seine Wandelbarkeit in der Abhängigkeit von Sprechenden und Schreibenden und dir Schwierigkeiten desjenigen sichtbar machen, der Ursache und Zeit ihm Bildung aufzuhellen versucht. Ab Mitte des 16. Jh. festigte sich die Schreibweise Commeren,

 

vereinzelt wird noch Cumeren geschrieben. Ab 1850 bürgerte sich im amtlichen Verkehr die Schreibweise Commern ein, die sich bis 1935 erhielt. Obschon die preußische Staatsregierung in einem Erlass vom 10. 4. 1920 die Anpassung der Schreibweise der Ortsnamen an den Lautgehalt der Sprache empfohlen hatte, nahm niemand Anstoß an der Beibehaltung der überkommenen Schreibweise. Deutschtümelei veranlasste 1935 den amtierenden Bürgermeister, durch eine „Entschließung" den Ortsnamen in „Kommern" zu ändern. Die ältesten überlieferten Formen „Cumbirne" und „Cumberna" entwickelten sich aus keltischem Sprachgut. Man nimmt eine Entwicklung aus dem keltischen „cumba" an, das „Tal" bedeutet. Aus „cumba" habe sich „Cumbane" = Siedlung im Tal entwickelt, das sich über Cumbina, in das sich ein unorganisches „r" einschlich, zu „Cumbirne" fortbildete. Ebenso erscheint die Entwicklung der überlieferten Namensformen aus dem keltischen „cumbre" möglich, das soviel wie Gipfel, Spitze, bedeutete. Zieht man den Altusknipp in Betracht, in dem sich lateinisch „altus" erhielt, das »hoch", „Erhöhtes", „Opferstätte" und „Denkstein" bedeuten kann, wären „Cumbirne" und „Cumberna", in der Überlieferung sicherlich gewandelte Namensformen für die keltische Siedlung bei der herausragenden freiliegenden Anhöhe. Sie diente möglicherweise schon vor der Siedlungsgründung kultischem Gebrauch und könnte deshalb namensbildend für die naheliegende Ansiedlung gewirkt haben. Eine sprachliche Verwandtschaft mit „Cumberland" erscheint nicht ausgeschlossen. Cumberland, die nordwestengl. Grafschaft mit dem größten Anteil an den Cumbrian Mountains, dem kumbrischen Bergland, und der höchsten Erhebung Englands, war bis 71 n. Chr. vom stärksten keltischen Stamm der Briganten bewohnt. Unabhängig davon, welche Faktoren namensbildend wirkten, ist das hohe Alter des Ortsnamens unbestritten. Mit seinen heutigen sieben Buchstaben umschließt er die Nachricht von der mehr als zweitau-sendjährigen Existenz einer kontinuierlichen Ansiedlung von Menschen an dem durch sie bezeichneten Ort. Eine weitere Ansiedlung gleichen Namens existiert nicht. Aus dem Ortsnamen ent-wickelte sich der Familienname „Commer".

 

 

 

e) Älteste Urkunden

 

Die frühesten schriftlichen Nachrichten über Kommern sind in drei Urkunden aus den Jahren 1229, 1264 und 1299 enthalten. Diese drei Urkunden wurden auf Veranlassung oder unter Mitwirkung von Angehörigen des Hauses Arenberg errichtet. Die älteste dieser drei Urkunden, die vor 750 Jahren errichtete, ist zur Zeit verschollen. In der von A. Tille bearbeiteten und 1899 erschienenen „Übersicht über den Inhalt der kleineren Archive der Rheinprovinz", Band I, S. 167, ist sie jedoch mit einer kurzen Inhaltsangabe verzeichnet. Die Urkunde befand sich zum Ende des 19. Jh. im Archiv der Burg Vilich bei Beuel. Dieses Archiv wurde vor 1914 von Theodor D. von Rautenstrauch erworben und nach Schloß Birlinghoven (Siegkreis) verbracht. Die Familie von Rautenstrauch verkaufte Schloß Birlinghoven mit dem größten Teil der Einrichtung und dem Archiv nach dem Ersten Weltkrieg. Danach wechselten die Besitzer des Schlosses mehrfach. 1919 und 1945 war es zeitweilig beschlagnahmt. über den Verbleib des Archivs ist den heutigen Besitzern nichts mehr bekannt '. Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Urkunde in einem ungesichteten Fundus befindet und irgendwann wieder entdeckt wird. Die » Jubiläumsurkunde" von 1229 berichtete, dass Heinrich von Arenberg vom Grafen Lothar von Are gegen eine bei dem Ort Claffenkotten gelegene Hufe (Ackerland) das Wildbannrecht in Kommern (= Cumbirne) erwarb und Graf Lothar und seine Frau Margareta diese Hufe zum Heil ihrer Seelen dem Kloster Steinfeld schenkten 2. Die zweite Urkunde, die am 26. 1. 1264 3 errichtet wurde, steht mit der zur Zeit verschollenen aus dem Jahre 1229 in ursächlichem Zusammenhang. Mit von ihr gebetenen Zeugen urkundet die Witwe Margareta des Grafen Lothar von Are, dass es mit dem Tausch der Jurisdiktion über Kommern, Wildbann genannt, gegen eine dem Kloster Steinfeld geschenkte Hufe zwischen Graf Lothar von Are und dem Burggrafen Heinrich von Arenberg (Arberg) durchaus seine Richtigkeit habe. Die dritte Urkunde aus dem 13. Jh., vom 5. 9. 1299'', steht mit den beiden älteren in einem sachlichen Zusammenhang. Nach dem Tode des Enkels des Heinrich von Arenberg, der 1229 den Tausch der Wild-bannrechte über Kommern mit Lothar von Are vollzog — der nur eine Tochter hinterließ —, beanspruchte der Erzbischof von Köln die „villa cumeren" als freies Eigen (Allod) für das Erzstift Köln. Die Nachfahren des Heinrich von Arenberg behaupteten ihrerseits, die „ villa cumeren" als Allod zu besitzen. In dem Schiedsspruch vom 5. 9. 1299 wird den Parteien aufgegeben, u. a. über den Charakter der „villa cumeren" weiter zu verhandeln. In diesen Verhandlungen, über die nichts überliefert wurde, waren die beiden älteren Urkunden von erheblicher Bedeutung. Der große Wert der ältesten Urkunde den zur Wahrung der Rechte der Arenberger an der Reichsherrschaft Kommern dürfte Ursache für ihre Erhaltung bis in die Gegenwart sein. Die Nachfahren des 1229 handelnden Heinrich von Arenberg konnten den Besitz des Hofes in Kommern, der „villa Cumeren", die Gerichtsherrschaft und Landeshoheit über Kommern über weitere 500 Jahre unangefochten behaupten. Mit dem Jahre 1299 bricht die schriftliche Überlieferung über Kommern ab bis zum Jahre 1417. Für die Zeit ab 1433 bis zum Ende der Territorialherrschaft hat sich, wenn auch mit zahlreichen zeitlichen Lücken, umfangreiches Archivmaterial erhalten, das vornehmlich die Staatsarchive in Koblenz und Düsseldorf und die Archives generales du royaume in Brüssel verwahren".

 

 

 

 

 

 

 

f) Reichsherrschaft

 

Am Ende der Territorialherrschaft (Beginn der französischen Verwaltung der Rheinlande 1794) wurde der aus den Orten Kommern, Gehn, Katzvey, Roggendorf, Strempt und den diese Orte umgebenden Gemarkungen gebildete und abgegrenzte Bezirk als Reichsherrschaft Kommern bezeichnet. Daneben bezeichneten Protokolle und Berichte diesen Bezirk im 18. Jh. auch als „Herrlichkeit", „Reichs Herrlichkeit", „Freyherrlichkeit" und „Reichsfreiherr-lichkeit". Der Terminus „Freiherrlichkeit" erschien erstmals 1607. Neben ihm waren die Bezeichnungen „Herrlichkeit", „Herligkeit", „Hoch und Herrlichkeit" gleichzeitig für den oben beschriebenen Bezirk in Gebrauch. Eine „Herrlichkeit Cumeren" wurde erstmals 1433 genannt; für das Jahr 1469/ 1470 erhielt sich eine Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben „In dem Lande und H'licheit van Komherin". 1553 nannten sich Johann von Ligne und seine Frau Margaretha zu der Marck „Herr und Frau zu Commeren". Spätestens seit 1629 führten die „gefürsteten Grafen" von Arenberg und ihre Nachfahren den Titel „Freyherr zu Commeren" in ihrer Intitulatur. Nach diesen überlieferten Zeugnissen muss der zum Ende des 18. Jh. als »Reichsherrschaft" bezeichnete Bezirk eine reichsunmittelbare Herrschaft gewesen sein, ein selbständiges Territorium, jedoch ohne Sitz und Stimme im Reichstag. Hervorstechendste Merkmale der Reichsunmittelbarkeit waren für die Inhaber und Eingesessenen der reichsunmittelbaren Herrschaften der privilegierte Gerichtsstand beim Kaiserlichen Gericht, später beim Reichskammergericht und die Beschränkung der Rechtsetzungsbefugnis der Inhaber auf die Normen des Reichsrechts. Die reichsunmittelbare Herrschaft, die Reichsherrschaft ist nicht als eine gewollte Hervorbringung zu begreifen, sondern als Ergebnis eines sich über Jahrhunderte erstreckenden Prozesses, der sie als Rechtspersönlichkeit besonderer Art prägte. Die Entwicklung von Herrschaftsgebieten zu reichsunmittelbaren Herrschaften ist trotz ihrer späteren großen Zahl nur in wenigen Fällen bis zu ihren Ursprüngen zu verfolgen. Ihre Begründung und Entstehung sind wegen fehlender urkundlicher Nachrichten zumeist in geschichtliches Dunkel gehüllt. Das gilt auch für die Reichsherrschaft Kommern. Erste Nachrichten über die Existenz eines Rechtsbezirks, der sich um Kommern erstreckte, enthielt die verschollene Urkunde aus dem Jahre 1229 und enthält die Urkunde von 1264. In ihnen ist von der „wiltban" genannten Jurisdiktion in Kommern die Rede, in deren Bereich nach der Urkunde von 1299 auch die „villa cumeren", der Hof Kommern (wohl der spätere Fronhof) belegen war. Von der „villa cumeren" wurde zur Abwehr von Ansprüchen des Erzstifts Köln behauptet, sie sei Allodialbesitz, freies Eigen der Herren von Arenberg. Nach der rechtshistorischen Überlieferung schloss das Wildbannrecht die Berghoheit ein. Aufgrund des „Wildbannrechts", dass er als pfalzgräfliches Lehen besaß, behauptete z. B. der Herzog von Jülich unangefochten die Berghoheit im Gebiet zwischen Maas und Rhein. Die Berghoheit der Arenberger im Wildbannbezirk Kommern ist von den durch die Jahrhunderte hindurch recht streitbaren Grafen und Herzögen von Jülich, die unmittelbare Territorialnachbarn der Arenberger am Bleiberg waren, nie angefochten worden. Diese Verhältnisse legen die Vermutung nahe, dass der Wildbannbezirk Kommern ein abgegrenzter Bezirk war, der fränkischem oder karolingischem Reichsbesitz entstammte, und der deshalb vom Inhaber des Wildbannrechts zwischen Rhein und Maas nicht in Anspruch genommen werden konnte, obwohl dieser Bezirk in dem Gebiet lag, auf das sich dessen Wildbannrechte erstreckten. In einer Untersuchung über Bergbau und Hüttenwesen in der römischen Rheinzone äußert H. von Petrikovits, der den Bleibarrenstempel (leg(ionis) XVI als untrüglichen Beweis für römischen Bleierzbergbau bei Kommern und Mechernich anführt, es müsse „mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass die Bergbaugebiete der Eifel kaiserliches, und zwar fiskalisches Eigentum waren". Sollte sich diese Annahme erhärten, würde der Prozess der Entstehung der Reichsherrschaft Kommern gleichzeitig wesentlich aufgehellt. Das Bergbaugebiet um Kommern als kaiserlich-römisches Eigentum wäre, so könnte man dann folgern, nach dem Untergang der römischen Herrschaft zum fränkischen Königs- und karolingischen Reichsbesitz geworden, dessen Sonderstellung sich im Status der Reichsunmittelbarkeit des Gebietes bis zum Ende des 18. Jh. erhalten habe. Den gleichen Ursprungsbedingungen könnte dann auch die Reichsherrschaft Mechernich ihre Existenz verdanken. Vielleicht ist die Tatsache der Existenz zweier benachbarter reichsunmittelbarer Herrschaften am Bleiberg, in deren einer das allodiale Haus Rath lag (Kommern), dessen Inhaber landesherrliche Rechte in der zweiten (Mechernich) besaßen, nicht nur als Zufall anzusehen, sondern als schwaches Indiz für die von H. v. Petrikovits angenommene Möglichkeit. Die grundherrlichen Rechte, die die Herren von Arenberg durch die Jahrhunderte neben den gerichts- und landesherrlichen Rechten und der Berghoheit innehatten, resultierten wahrscheinlich aus dem Eigentum am Hof in Kommern, an der „villa cumeren", die sich mit den letzteren zu einer Einheit verbanden. Trotz der starken Bündelung der Rechte innerhalb der Reichsherrschaft Kommern in der Hand eines Inhabers besaß dennoch der Graf von Blankenhein neben den Herren von Arenberg und der Mechernicher Kirche Zehntrechte in Srempt. Der Graf von Blankenheini genoss diese Rechte wohl als Patronatsherr der Mechernicher Kirche, zu der Strempt pfarrlich gehörte. Ebenso floss ein Teil des Zehnten in Roggendorf dem Pfarrer in Mechernich zu, ein anderer Teil der Abtei Steinfeld, obwohl nach den Eintragungen in den Kirchenbüchern der Pfarre Kommern Roggendorf zur Pfarre Kommen, gehörte. Es ist anzunehmen, dass die Inhaber diese Rechte kraft Verleihung aufgrund von Übereinkünften mit den Herren von Arenberg bzw. durch deren Schenkung (Abtei Steinfeld) besaßen. Dafür spricht die Tatsache, dass alle in der Reichsherrschaft Kommern belegenen Iehen von den Herren von Arenberg begeben waren. Über den Umfang und die Grenzen der Reichsherrschaft Kommern unterrichtet das Protokoll eines Grenzbegangs, dass der kaiserliche Notar Joannes Haes aus Adenau nach dem Umgang um die Herrschaft vom 11. bis 16. 11. 1585 errichtete. Nach diesem Protokoll entsprach das Gebiet der Reichsherrschaft Kommern im Jahre 1585 fast gänzlich ihrem Gebietsbestand am Ende der Territorialherrschaft. Nach einem weiteren Protokoll über einen Grenzbegang vom Jahre 1456, das in einer Abschrift aus der Zeit um 1700 aber nur unvollständig erhalten blieb, muss sich — die Echtheit dieses Protokolls unterstellt — das Gebiet der Herrschaft während der zwischen den beiden Grenzbegängen liegenden Zeit von ca. 130 Jahren vergrößert haben. Das Protokoll von 1456 beschreibt die Herrschaft als ein aus zwei getrennten Teilen bestehendes Territorium (s. Kartenskizzen in Band 2). Es fehlt das spätere nördliche Bindeglied, bestehend aus einem Teilgebiet der Gehner Heide, dem Gebiet der heutigen Firmenicher Lohmühle und einem Waldgebiet südlich davon, dass bis zum Wald bei Katzvey reichte. Es ist das Gebiet, in dem die untergegangene Ortschaft Gottsdorf mit der sie umgebenden Gemarkung lag. Allerdings reichte zu dieser Zeit die Grenze der Reichsherrschaft Kommern bis zum „Enzener Gericht". Im Jahre 1585 wurde keine gemeinsame Grenze mehr zwischen Kommern und Enzen erwähnt, dafür aber eine solche mit Obergartzem. Wegen der Zugehörigkeit eines als Hutung genutzten Gebietes am dort gelegenen sogenannten „Spitzort" kam es in der zweiten Hälfte des 18. Jh. zu Streitigkeiten und zu einer Übereinkunft, die dazu führte, dass eine gemeinsame Grenze mit Obergartzem danach nicht mehr bestand. Der Inhaber der Herrschaft Firmenich beanspruchte 1769 das im Grenzbegangsprotokoll von 1456 nicht als zur Reichsherrschaft Kommern bezeichnete Gebiet (die Gemarkung Gottsdorf) als zur Herrschaft Firmenich gehörig " und klagte deswegen jedoch ohne Erfolg beim Reichskammergericht in Wetzlar. Er stützte seinen Anspruch darauf, dass Firmenicher in diesem Gebiet lange Zeit unangefochten ihr Vieh zum Weid- und Schweidgang getrieben hätten. Wie dieses Gebiet Teil der Reichsherrschaft Kommern wurde, ist unklar. Gottsdorf wird als Ansiedlung zuerst 893 als „Gottes dorpht" im Prümer Urbar erwähnt. Der übrige Gebietsbestand der Reichsherrschaft Kommern war, soweit feststellbar, nie streitig. Die Reichsherrschaft Kommern gliederte sich in Gemarkungen. Für die Dörfer Roggendorf und Strempt sind abgegrenzte Gemarkungen erwiesen. In diesen Gemarkungen besaßen die Gemarkungseingesessenen je Flächen zur gemeinschaftlichen Nutzung (Gemeinheiten). Die Einwohner eines jeden Ortes bildeten eine „Gemeinde", die ihre nachbarlichen Sachen (= Angelegenheiten) selbst regelten. Spätestens seit der Mitte des 16. Jh. waren für die herrschaftszugehörigen Orte Vorsteher und Gemeindemänner bestellt. Das Gebiet der Reichsherrschaft Kommern bildete einen einheitlichen Gerichtsbezirk. Das Gericht bestand aus sieben Schöffen, denen der Landschultheiß vorsaß. Grundlage der Rechtsausübung war das Weistum. Zum Herrengeding hatten sich alle Herrschaftseingesessenen zu versammeln. Es fand vor dem „hochfürstlichen Haus" bzw. der „Reichsfreyherrlichen Burg zu Comeren" statt, bei der auch die Gerichtssäule stand. In der Burg amtierte der Landschultheiß und Rentmeister. Die Reichsherrschaft Kommern hatte am Ende der Territorialherrschaft eine Flächenausdehnung von ca. 2229 ha mit einer Einwohnerzahl von ca. 1050, damit eine Bevölkerungsdichte von 47,1 Einwohner je qkm (Stadt Mechernich am 1. 1. 1972: 156,3 Einwohner je qkm).

 

 

 

g) Verwaltungssitz im 17. und 18. Jh.

 

Die Zuständigkeit des Landschultheiß der Reichsherrschaft Kommern als „Beamter" der Herrn von Arenberg weitete sich im 17. Jh. über die Herrschaftsgrenzen aus. Seit 1660 oblag ihm der Einzug eines Teils des Zehnten in den Dörfern des Kirchspiels Weyer und die Verwaltung der nicht unbeträchtlichen Zehnterträge, die dem Herrn von Arenberg zustanden. Zum Kirchspiel Weyer gehörten die Orte Bergheim, Eiserfey, Kallmuth, der Hof Königsfeld, Lorbach, Vollem, Vussem, Urfey und Weyer. Sie waren kurkölnischer Besitz. Der Zehntberechtigung stand die Verpflichtung gegenüber, bei der Neuwahl eines Erzbischofs in Köln das Pallium „zu erlegen". Das Pallium war der Schulterschmuck des erzbischöflichen Ornats, das Hauptabzeichen des Erzbischofs. Diese ursprüngliche Naturalleistung hatte sich im 16. Jh. bereits in eine Geldabgabe gewandelt. Auf St. Kunibalds-Tag 1551 reiste der Schultheiß von Kommern nach Köln und vermerkte darüber in der Rechnung der Reichsherrschaft Kommern „hain ich dat palium zu Coellen gelaecht". Die Aufwendungen für das Pallium und die Reise nach Köln wurden aus den Einkünften der Reichsherrschaft Kommern bestritten. Eine weitere aus der Zehntberechtigung erwachsene Verpflichtung war die Pflicht zur Unterhaltung des Daches der Kirche in Weyer. Die Aufwendungen für die teilweise Erneuerung des Dachstuhls und die Neueindeckung des Kirchendaches im Jahre 1750 wurden in der Rechnung der Reichsherrschaft Kommern nachgewiesen. Die Aufträge für diese Arbeiten erteilte der Landschultheiß der Reichsherrschaft Kommern, der auch die Ausführung der Arbeiten überwachte". In Verträgen vom 1.5. und 1.7.1771 erwarb der Herzog von Arenberg das alloidale Haus Rath mit den zu ihm gehörenden Rechten an der Reichsherrschaft Mechernich, die ein Kondominium war, und die Herrschaft Harzheim von den Freiherrn von Twickel. Der Herzog von Arenberg fügte seitdem seinen zahlreichen Freiherrntiteln noch die eines Freiherrn von Rade (Rath), Mechernich und Harzheim an. Die Wahrnehmung der landesherrlichen Rechte in den erworbenen Herrschaften und die Erhebung der in diesen Herrschaften anfallenden Einkünfte oblag dem Landschultheiß der Reichsherrschaft Kommern. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jh. erweiterte sich der Verwaltungsbezirk auf das Dreifache der ursprünglichen Größe. Für die auf der Burg Kommern tätige Verwaltung, der der Landschultheiß der Reichsherrschaft Kommern vorstand, bildete sich spätestens seit 1771 die Bezeichnung „Amt" aus. Der Landschultheiß der Reichsherrschaft Kommern wurde Amtmann genannt. Diese Bezeichnung war im Kurfürstentum Köln für einen aus mehreren Herrschaften gebildeten Bezirk und für die dafür bestellte Verwaltung seit langem üblich. Aus der zweiten Hälfte des 18. Jh. stammt das erhaltene Siegel mit der Umschrift „Amt Commeren". Durch den Kauf des allodialen Hauses Rath und der Herrschaften Mechernich und Harzheim wurde der Herzog von Arenberg Mitgerichtsherr in Mechernich und Gerichtsherr zu Harzheim. Seine gerichtsherrlichen Rechte in beiden Herrschaften nahm der Landschultheiß der Reichsherrschaft Kommern wahr mit den nach den Weistümern dieser Herrschaften bestellten Schöffen. So finden sich seit 1771 in den Gerichtsprotokollen des „Amtes Commeren" Klagen in zivilrechtlichen Angelegenheiten vonHarzheimer und Mechernicher Einwohnern in großer Zahl. Noch am 26.2.1798, nach vorübergehender Wiedereinsetzung der früheren lokalen Gewalten während der Zeit der französischen Verwaltung, klagt der Bürgermeister Carl Schmitz von Mechernich gegen Peter Ritz aus Bergheim wegen der von diesem der »Gemeinden Mechernich" noch geschuldeten Kriegslasten „beim Amt" auf der Burg Kommern. Etwa zwei Monate später, am 23.4.1798, fand eine der letzten Amtshandlungen am Sitz dieser Verwaltung im Rahmen der überkommenen territorialen Ordnung statt. Die durch das Gerichtsprotokoll belegte Amtshandlung fand noch in den überkommenen Formen statt, obwohl der am 4.11.1797 von der französischen Regierung ernannte General- bzw. Gouvernements-Kommissar Rudler auftragsgemäß schon durch Beschluss vom 23.1.1798 eine neue Verwaltungs-Einteilung des linken Rheingebiets nach französischem Vorbild angeordnet hatte (s. französische Verwaltung), die den endgültigen Bruch mit den überkommenen Herrschaftssystemen herbeiführte. Zu diesem Zeitpunkt erstreckte sich die Verwaltungszuständigkeit des „Amtes Commeren" über ein Gebiet von 50,35 qkm im heutigen Stadtgebiet Mechernich. Es besaß damit Zuständigkeiten in 36,9 % des heutigen Stadtgebietes

 

 

 

h) Mairie Kommern

 

Nach der Besetzung des linken Rheinufers durch die französische Armee 1794 bestanden die überkommenen lokalen Verwaltungseinrichtungen in der ersten Zeit fort. Die danach einsetzende zivile französische Verwaltung, deren zentrale Spitze (Zentralverwaltung für das Gebiet zwischen Maas und Rhein) sich in Aachen etablierte, traf zahlreiche organisatorische Maßnahmen, die gänzlich kaum zu überschauen sind, mit dem Ergebnis, dass zum Ende des Jahres 1797 chaotische Verhältnisse herrschten. Am 23. 1. 1798 erließ der eigens mit dem Auftrag der Organisation einer staatlichen Verwaltung in den eroberten Rheingebieten am 4.November 1797 berufene General- bzw. Gouvernements-Kommis-sar Rudler einen Beschluss über die Verwaltungseinteilung des linken Rheinufers in Departements und Kantone. Dieser Beschluss beseitigte die bisherige nach Herrschaften gegliederte Territorialeinteilung gänzlich. Das Gebiet der Reichsherrschaft Kommern und die Gebiete der von deren Landschultheiß mitverwalteten Herrschaften fielen nach diesem Beschluss teilweise an die durch diesen Beschluss geschaffenen „Kantone" Gemünd und Zülpich. Die Kantone waren Verwaltungsbezirke unterschiedlicher Gebietsgröße mit 8000 bis 18 000 Einwohnern. Der Kanton Gemünd zählte nach dem „Tableau General" vom 24. 12. 1798, 9406 Einwohner, der Kanton Zülpich 9753 Einwohner. Für die so vollzogene Gebietseinteilung ist keine Begründung überliefert. Die sie in Gang setzenden Dokumente scheinen hastig verfasst, was sich aus der Kürze der Zeit zwischen der Berufung des General-bzw. Gouvernements-Kommissars und der Veröffentlichung des die neue Verwaltungsgliederung beinhaltenden Beschlusses erklärt. Der Organisationsakt bestand aus einer Liste, die jeweils den Kantonshauptort bezeichnete und die zu diesem Kanton vereinigten Ortschaften aufzählte. Auf Grenzbeschreibungen wurde verzichtet. Das Kantonsgebiet bildete sich aus den Gemarkungen der zum Kanton vereinigten Ortschaften. Diese Ortschaften mit ihren Gemarkungen figurierten als „communes" (= Gemeinden). Die am 23. 1. 1798 in Kraft gesetzte und seit 24. 12. 1798 definitive Einteilung der Kantone Gemünd und Zülpich, die sich während der Zeit der französischen Verwaltung in dem hier interessierenden Gebiet nicht mehr änderte, machte die Grenze der Reichsherrschaft Kommern zwischen Mechernich, Hostel und Eicks, die Grenze zwischen den Gemarkungen Kommern und Roggendorf und die Herrschaftsgrenze zwischen den Herrschaften Schaven und Mechernich zur Kantonsgrenze. Am 17. 2. 1800 erließ Napoleon als Erster Konsul eine neue Verwaltungsordnung für das europäische Frankreich, die am 14. 5. 1800 auch in den rheinischen Departements in Kraft gesetzt wurde, obschon erst der am 9. 2. 1801 geschlossene Frieden von Luneville die Einbeziehung des linken Rheingebietes in den französi-schen Staatsverband sanktionierte. Diese Verwaltungsordnung schuf die „Mairien". Zur Mairie wurden mehrere „communes" zusammengeschlossen, die ein „Maire" verwaltete. Zur Mairie Kommern wurden die Ortschaften Kommern, Gehn und Katzvey der Reichsherrschaft Kommern und die ehemals jülichsche Ortschaft Schaven mit den sie umgebenden Gemarkungen vereinigt. Die überkommenen äußeren Grenzen dieser Gemarkungen veränderten sich nicht. Grenze zwischen den Gemarkungen Roggendorf und Kommern und die Grenze zwischen den bisherigen Herrschaften Schaven und Mechernich erlangten den Status der Mairie grenze, den auch die bisherige reichsherrschaftliche Grenze zu den früheren Herrschaften Hostel, Eicks, Floisdorf, Schwerfen, Firmenich, Satzvey, Lessenich, Rißdorf und Weiler erlangte. Zum ersten Maire der Mairie Kommern berief der Präfekt des Departements Roer Franz Alexander Abels, den letzten arenbergischen Landschultheiß der Reichsherrschaft Kommern, den 1803 Sebastian Guennersdorf ablöste. Dieser behielt das Amt bis zum Ende der französischen Verwaltung inne. Dem Mairie wurde ein „Adjunkt" als Stellvertreter beigegeben, Ein aus zehn Mitgliedern  bestehender Munizipalrat, dessen Vorsitzender der Maire war beriet ihn bei seinen Entscheidungen. Der Maire lei-tete die Geschäfte der Mairie, vertrat ihre und der Einwohner Interessen und war andererseits der französischen Verwaltung gegenüber voll verantwortlich für die Aus-führung der ihm gegebenen Weisungen. Wesentliche Änderungen der Inhalte des Landschultheiß- und Maire-Amtes sind nur insofern erkennbar, als dem Maire eine Rechtsprechungskompetenz nicht zu-kam und die Einziehung von Abgaben anderen Stellen oblag.

 

 

 

i) Gemeinde, Gemeindeteil, Stadtteil

 

In den ersten Januartagen des Jahres 1814 rückten die Truppen der Vereinigten Mächte in Kommern ein. Die Befehlshaber dieser Truppen ließen den seit 1803 als Maire amtierenden Sebastian Guennersdorf im Amt, um einen informierten Adressaten für ihre Forderungen und Wünsche verfügbar zu haben. Das von den Vereinigten Mächten berufene Zentralverwaltungsdepartement unter der Leitung des Reichsfreiherrn von Stein, dem die rückeroberten Gebiete unterstellt wurden, änderte an der überkommenen Verwaltungsorganisation begreiflicherweise ebenso wenig etwas, wie die ihm nachfolgenden General-Gouvernements für den Niederrhein in Aachen und den Mittelrhein in Koblenz und das ihm folgende General-Gouvernement für den Nieder-und Mittelrhein, die die Verwaltung für Rechnung des unbestimmten künftigen Empfängers dieses Gebietes besorgten. Der Maire wurde zwischenzeitlich, deutschem Sprachgebrauch entsprechend, Bürgermeister genannt. Am 10. 2. 1815 sprach der Wiener Kongress Preußen die spätere Rheinprovinz zu. Das Besitzergreifungspatent wurde am 5. April 1815 mit einem gleichzeitigen Aufruf an die neuen Untertanen veröffentlicht. Zuvor schon, am 17. 2. 1815, hatte das Generalgouvernements-Commissariat für die ohne besonderen Organisationsakt von der Mairie zur Bürgermeisterei Commeren gewandelte Verwaltungseinheit Johann Albert Abels (II.) zum Bürgermeister berufen. Diese Bürgermeisterei gehörte im Gebietsbestand der voraufgegangenen Mairie Kommern zum noch bestehenden Kanton Zülpich. Durch Regierungsbeschluss vom 18.4.1816 wurde der Oberpräsidialbezirk des Großherzogtums Niederrhein mit Regierungen zu Koblenz, Aachen und Trier gebildet und der Oberpräsidialbezirk der Herzogtümer Kleve, Jülich und Berg mit den Regierungen zu Köln, Düsseldorf und Kleve. Zwei Tage später wurde die Bildung des Kreises Lechenich, bestehend aus dem Gebiet der bisherigen Kantone Zülpich und Lechenich, bekanntgemacht, zu dem auch die Bürgermeisterei Kommern gehörte. Seit 1827 hieß dieser Kreis Kreis Euskirchen . Die Institution, die 1800 als Mairie entstand, setzte sich als „Gebietskörperschaft öffentlichen Rechts" unter der Benennung „Bürgermeisterei" bzw. „Gemeinde" bis in die jüngste Vergangenheit fort. Rechtsstellung, Aufgaben und Kompetenz der Gebietskörperschaft „Bürgermeisterei" bzw. „Gemeinde", ihrer Organe und auch deren Namen änderten sich im Verlauf von mehr als 16 Jahrzehnten in Abhängigkeit von der Gesetzgebung über die Gemeindeverfassung, dem Gemeindeverfassungsrecht, vielfältig. Die französische Gemeindegesetzgebung vom 17.2.1800 blieb allerdings noch bis zum Jahre 1846, wenn auch in Einzelbereichen modifiziert, in Kraft. Kriterium für den Status „Bürgermeisterei" war das Vorhandensein einer eigenen Verwaltung unter der Leitung eines Bürgermeisters; Verwaltung und Bürgermeister konnten zuständig sein für das Gebiet einer einzelnen oder für das Gebiet mehrerer Gemeinden. Für die mehr-gemeindliche Bürgermeisterei entwickelte sich später die Bezeichnung „Amt" als Gemeindeverband mit eigener Rechtspersönlichkeit. Seit dem Ende der französischen Verwaltung hat der während ihrer Zeit als „Mairie Kommern" entstandene Verwaltungsbezirk als Bürgermeisterei bzw. als amtsfreie Gemeinde mit eigener Verwaltung, mit Ausnahme eines vom 1. 2. 1943 bis 1. 1. 1949 währenden Zeitraumes, fortbestanden. Die Beseitigung der Amtsfreiheit der Gemeinde erfolgte aus kriegsbedingten Gründen zur „Verwaltungsvereinfachung". Eine selbstbewusste Bürgerschaft sorgte dafür, dass sie zum 1.1.1949 wiederhergestellt wurde. 1900 war der Kreis Euskirchen in 48 Gemeinden gegliedert, die von 17 Bürgermeistereien verwaltet wurden. Einschließlich der Städte Euskirchen und Zülpich bestanden zu dieser Zeit insgesamt fünf „eingemeindliche" Bürgermeistereien, also solche, die die Verwaltung für eine einzelne Gemeinde führten. Zu dieser Zeit war die Gemeinde Kommern von der Bevölkerungszahl her die drittgrößte Gemeinde nach den Städten Euskirchen und Lechenich mit einem Anteil von 5,03 % an der Kreisbevölkerung. Von der Gebietsgröße her war sie die drittgrößte Gemeinde nach den genannten beiden Städten. Nach der Erweiterung des Kreises Euskirchen infolge Auflösung des Kreises Rheinbach vergrößerte sich die Zahl der Gemeinden um 23 von 48 auf 71. Am 30. Juni 1969 waren diese Gemeinden in 12 Verwaltungen organisiert. Die Gemeinde Kommern war neben den Städten Euskirchen, Bad Münstereifel und Zülpich die einzige amtsfreie Gemeinde mit eigener Verwaltung. Von der Einwohnerzahl her (mit einem Anteil von 3,13 % an der Kreisbevölkerung) stand sie an siebter Stelle, von der Gebietsgröße her nahm sie die sechste Stelle ein. Von der Verwaltung der Gemeinde Kommern wurde über fast 3 Jahrzehnte (1901 bis 1929) die Bürgermeisterei Sinzenich, etwa 9 Jahre die Bürgermeisterei Enzen und 4 Jahre lang die ehemalige Gemeinde Schwerfen mitverwaltet. Das Gemeindegebiet blieb von 1800 bis zum 31. 3. 1959, abgesehen von geringfügigen Grenzkorrekturen als Folge der Katasteraufnahme, zweier Flurbereinigungen in ihrem Gebiet und mehrerer Flurbereinigungsverfahren in Nachbargemeinden (wodurch das Grenzkuriosum an der Eickser Mühle beseitigt wurde), unverändert. Durch einen zwischen den ehemalige Gemeinde Kommern und Mechernich geschlossenen Gebietsänderungsvertrag kam es zu einer erheblichen Veränderung des Gemeindegebietes im Südteil der ehemalige Gemeinde Kommern, die am 1. 4. 1959 wirksam wurde. Die beiden ehemalige Gemeinden tauschten Flächen von 39 und 48 ha aus. Am 30. 6. 1969 hatte das Gebiet der ehemalige Gemeinde Kommern einen Umfang von 18,85 qkm oder 1885 ha. In diesem Gebietsbestand und mit 3879 Einwohnern ging die ehemalige Gemeinde Kommern infolge der kommunalen Neugliederung unter Aufgabe ihrer seit mehr als 169 Jahren bestehenden kommunalen Selbständigkeit in die Gemeinde Veytal auf; sie wurde ein Gemeindeteil dieser Gemeinde. Der Ort Kommern, dem die Landesplanung schon länger vorher den Charakter eines „Zentralortes" zuerkannt hatte, wurde Sitz der Verwaltung dieser Gemeinde. Nach zweieinhalbjähriger Existenz der Gemeinde Veytal wurde diese ohne das Gebiet der ehemalige Gemeinde Schwerfen mit der ebenfalls am I. 7. 1969 entstandenen neuen Gemeinde Mechernich mit Wirkung vom 1. 1. 1972 vereinigt. Die so entstehende, bisherige Kreis- und Regierungsbezirksgrenzen überschreitende Gemeinde erhielt den Namen Mechernich. Dadurch entstand die dritte Gemeinde dieses Namens, der am 25. 7. 1975 durch Beschluss der Landesregierung der Titel »Stadt" verliehen wurde. Das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kommern erlangte damit den Status eines Stadtteils. In der neuen Stadt ist Kommern nach Mechernich die zweitgrößte Ortschaft, dem Gebäudebestand und der Einwohnerzahl nach. Im Gebiet des Kreises Euskirchen bestanden bis zum 30. 6. 1969 sieben Gemeinden mit Gemeindegebieten in der Größe von 119 bis 295 ha.

 

Es waren Gemeinden in Größenordnungen, die die ehedem zweifelsfrei selbständige Gemarkung Schaven und auch die wahrscheinlich einmal selbständigen Gemarkungen der Orte Gehn und Katzvey ebenfalls aufwiesen. In diesen Orten waren mit größter Wahrscheinlichkeit in der ersten Zeit der französischen Verwaltung bis zur Einrichtung der Mairien „adjoints" als Ortsvorsteher berufen. Noch am 21. 3. 1815 ist Johann Breuer als »Vorstand des Dorfes" Gehn nachweisbar . Es stellt sich die Frage, weshalb die Einwohner der Ortschaften der ehemaligen Gemeinde Kommern eine kommunale Selbständigkeit nicht anstrebten, obwohl ihnen selbst die Gemeindeordnung von 1845 in ihrem § 2 Abs. 2 noch die Möglichkeit dazu eröffnete. Man wird diese Frage so beantworten können, dass sie sich von einer kommunalen Selbständigkeit deshalb keine Vorteile versprachen, weil das wirtschaftliche Schwergewicht der entstandenen Bürgermeisterei im Gebiet um Kommern lag, in dem sich die damals florierenden Bergwerksbetriebe befanden, an deren daraus der „Gemeinde" zufließenden Einkünften sie nur durch einen Verzicht auf kommunale Selbständigkeit Anteil hatten. Das erklärt auch die „ungewöhnliche Größe der Gemarkung Kommern". Denn in ihr sind mit größter Wahrscheinlichkeit mindestens fünf historische Gemarkungen (Kommern, Gehn, Wüstung Gottsdorf, Katzvey und Schaven) vereinigt.

 

Quelle: "Kommern ein ortskundliches Lexikon" von Norbert Leduc